"Die Armen haben Vorrang" - Wie geht christlich und sozial?
Der Chefredakteur der Linzer Kirchenzeitung Mag. Matthäus Fellinger, Moderator des Abends, verweist zu Beginn auf den Zukunftsweg „Kirche weit denken“ der Diözese Linz.
„Die Armen haben Vorrang“ – die Option für die Armen ist Auftrag und Fundament der Kirche.
Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer bezieht sich in seinem Impulsreferat auf das Buch von Christine Bauer-Jelinek „Die hellen und die dunklen Seiten der Macht“
Die vier Schauplätze der Macht
Das „Haus“ kennzeichnet den Ort von Beziehungen, Fürsorge, Geborgenheit,..
Der „Markt“ steht für das Leistungsprinzip, er durchdringt die anderen Bereiche.
Die „Burg“ als Ort des Gemeinwesens steht für Sicherheit, Ordnung und Bewahren.
Der „Tempel“ ist Ort der geistigen und spirituellen Auseinandersetzung.
Alle Schauplätze unterliegen einem Wandel, manche schrumpfen, andere wachsen, der Markt durchdringt alle Bereiche.
Welche Aufgabe hat die Kirche? Gehört das Soziale, die Caritas, die Diakonie zur Kirche?
Die Aufgabe der Kirche, so der Bischof, sei die Einheit der Menschen untereinander und die Beziehung zu Gott zu fördern.
Er bezeichnet die Nächstenliebe als Sakrament der Gottesliebe.
Der Bischof verweist auf die „Neuen Werke der Barmherzigkeit“ von Bischof Joachim Wanke:
Du gehörst dazu – Ich höre dir zu – Ich rede gut über dich – Ich gehe mit dir – Ich teile mit dir – Ich besuche dich – Ich bete für dich
Im Anschluss an das Referat stellt Matthäus Fellinger die Talkrunde vor:
Dr.in Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich
Birgit Gerstorfer, Landesrätin für Soziales in Oberösterreich
Franz Kehrer, MAS, Direktor der Caritas OÖ
Matthäus Fellinger stellt die Frage, wie die Eingeladenen auf die Spur des Sozialen gekommen seien.
Maria Katharina Moser erinnert sich an ihre katholische Kindheit in Eferding, wo sie vorerst einmal vom Ministrantinnendienst ausgeschlossen war.
Diese Kontrasterfahrung habe in ihr den Geist geweckt:
„So soll das nicht sein. Das ist nicht richtig“
Später habe sie durch intensive Jugendarbeit und Engagement im EZA-Bereich die Motivation gefunden: „Wir wollen selbstwirksam sein!“
Birgit Gerstorfer war ebenfalls in ihrer Kindheit auf die Spur des Sozialen gekommen. Ihre Eltern waren Schichtarbeiter und als Erstgeborene hatte sie früh Betreuungsaufgaben für ihren jüngeren Bruder übernommen. Später sei sie durch ihre Arbeit im AMS mit Problemen der Arbeitslosen konfrontiert gewesen. Daher fühle sie sich als Soziallandesrätin genau am richtigen Platz.
Franz Kehrer, gibt seine Spur in der Prägung durch seine Familie an. In der Familie wurde immer positiv über Menschen gesprochen, denen es nicht so gut geht.
Auch sein Firmpate, so Franz Kehrer, sei ihm ein großes Vorbild gewesen.
Mit den gleichen Problemen und Motivationen im Gepäck wurde die Diskussion eher konsensmäßig und nicht kontroversiell geführt.
Die Rucksäcke sind durchaus ähnlich gepackt:
Zunehmende soziale Schere, Personalmangel, Ressourcenmangel, Beschimpfungen „Gutmenschen“, Schwund der Ehrenamtlichen.
Maria Katharina Moser erinnert in ihrem Schlusswort an die Kirche vor Ort.
Sie sieht für die Pfarrgemeinden eine große Chance.
Kaum woanders treffen so viele unterschiedliche Menschen zusammen wie in der Kirche. Dies sei ein unglaublicher Schatz.
Und dem ist nichts hinzuzufügen – dankeschön!
Text: Ingrid Neundlinger
Bilder: Max Neundlinger